Vom
Mittelalter bis
ins
Jetzt begleitet
die
Salzburger
ihr
Hanswurscht!
Der Salzburger Hanswurscht, Papagenos
Urahn.
Der Hanswurscht hatte auch dort schon stets mitgestaltende, mittragende
Aufgaben zu erfüllen. In der Tradition des Schwerttanzes
selbst
findet man den Hanswurscht heute z.B. auch noch beim
Böcksteiner Schwerttanz
(Gastein), auch
wenn er sich dort einfach Narr nennt, rot/weiß (die traditionellen
Kultfarben) gewandet ist, wie er auch statt der Pritsche ein
„Narrenzepter“ hat.
Später,
bis weit in das 18.
Jahrhundert hinein, wurde er der, von den Jahrmarktbesuchern
heiß
geliebte
Begleiter der Ärzte und Quacksalber auf den
„Arztständlbühnen“. Dort suchte
er
als „Lustigmacher“ auf den Pawlatschen der
Jahrmärkte die Patienten und
Zuschauer von den oft durchaus schmerzlichen Geschehnissen der, vor Ort
auf der
Bühne hinter einem Sichtschutz Behandelten, noch
lautstärker
mit seinem Klamauk
und seinen Possen abzulenken. Vor allem hatte er die Aufgabe, die
Neugier der Jahrmarkt-/Kirtagsbesucher auf die
Heilkünste des Behandlers, des Arztes, Baders, Wundarztes,
Wund- und Steinschneiders,
Zahnbrechers etc. lenkend zu wecken. Damals mußte sich der Arzt ja noch
am freien Markt
gegen viele Mitbewerber behaupten!
Auch in dieser Hinsicht sind, dank Komm. Rat. Erwin
Markl,
die Verbindungen des Salzburger Hanswurscht zu seinen Wurzeln besonders
lebendig geblieben bzw. 1977 wiederbelebt worden,
treibt es ihn doch noch sehr lebendig und ebenso hungrig wie durstig
als immer
noch gern gesehene, lebende Symbolfigur, jedes Jahr um den 24.9. am Salzburger
Rupertikirtag
,
abgehalten zu Ehren des Landespatrons der Salzburger, der „Hl. Rupert“,
um! Auch
die Salzachschiffer von Laufen kamen in den Wintern auf Ihrer
Bühne, dem Laufener
Schiffertheater,
nicht ohne ihren, den Salzburger Hanswurscht aus. Diesem kommt ein nicht
unbeträchtlicher
Gutteil
dafür zu, daß der Hanswurscht zu einer
salzburgtypischen
Lokalfigur wurde, liebten
doch die Salzburger gerade diesen Hanswurscht ganz
besonders und verinnerlichten ihn als den Ihren. Salzburg wurde bekanntlich erst
1815/16 Österreichisch, bis
dahin war es ein
zunächst reiches, später dann aber leider doch verarmtes, deutsches
Erzbistum weshalb genau genommen auch Mozart,
der
bekanntlich vom 27. Jänner 1756 bis 5. Dezember 1791 lebte, nie Österreicher,
wohl aber unbestreitbar Salzburger
war. Mühldorf am Inn, das als einziger bayrischer Ort heute noch
"rot/weiß" und nicht "weiß/blau" trägt, wurde erst 1802 bayrisch und
auch Laufen fiel erst 1816 durch Metternichs Verzicht darauf endgültig an
Bayern.
Von
den Arztständlbühnen, aber auch vom Schiffertheater
ist der Salzburger Hanswurscht Anfang
des 18. Jhdt. durch J. A. Stranitzky (1676
– 1726), selbst
immatrikulierter Zahnarzt und begnadeter Stegreifkomödiant, in
Sprache und äußerem Erscheinungsbild inspiriert von den
Lungauer Sauschneidern
auf die
Theaterbühne des Wiener Kärntnertortheaters, und somit auf die Bühnen des
"deutschen Volkstheaters",
gekommen. Dort trug er stets sein
Herz auf der Zunge, sprach spontan aus was er dachte und nahm sich
dabei auch kein
Blatt vor den Mund. Dort behauptete er auch immer „ein Salzburger Bauer“ zu sein, vom
„Geschlecht der Sauschneider“, daher der Bezug zum
„Salzburger Lungau“,
abzustammen oder stellte sonst einen Bezug zu seiner
„Salzburger Herkunft“ her.
Der Salzburger Hanswurscht, vor allem auch im deutschen
Volkstheater, dem Kärnertortheater, sprach auch immer aus, wo dem
einfachen Volk
der Schuh
drückte. Die Obrigkeit hatte den Vorteil, daß sie
mit ihm eine unverzichtbare
Informationsquelle hatte und dabei seine ehrlich unverblümten Sager
jedoch mit einem „laßt
in nur reden den „Hanswurschten“ abtun konnten. Eine
Redewendung, die bis heute eine
geflügelte blieb. Gleichzeitig hatten die einfachen
Leut´, die Bürger, das Volk
am Land, eine Art Ventil. Somit war der Salzburger Hanswurscht auch immer ein
gesellschaftlich äußerst wichtiges Bindeglied im Volk und vor allem
auch zwischem dem Volk und "denen da oben". Viele
Menschen konnten sich, wie
auch ihr geheimstes Denken und Fühlen, in ihm wiederkennen.
Schließlich
gelangte er sogar noch in der Figur des erdverbundenen, alles irdische
und
„fleischliche“, Mädchen, gutes Essen sowie
Trinken und Plaudereien liebenden,
mit allen menschlichen Schwächen aber auch Liebenswürdigkeiten
versehenen, ebenso
gutgläubigen wie
bauernschlauen, liebenswerten und frohsinnigen Freigeist und
farbenfrohen Vogel(„Freiheit“)menschen Papageno durch die Oper
(W.A. Mozart –
Zauberflöte) auf die Weltbühnen und zu weltweiter
Bekanntheit! Nicht selten hört
man besonders zur Festspieleröffnungszeit (Salzburger
Fackeltanz) wenn sich der Salzburger Hanswurscht unter die Leut´ gen
Residenzplatz
mischt, „schau, der Papageno“. Auch am Rupertikirtag habe ich sowas
schon vernommen. Daran erkennt man
auch
wie archetypisch diese Figur, librettistisch
von Schikaneder (1751-1812) und von
Mozart musikalisch, in der Zauberflöte beschrieben ist; auch wenn ihn
in der Oper ein Federkleid schmückt. Auch
sind diese
Reaktionen ein Beleg für die archaisch gemeinsamen Wurzeln
des Salzburger Hanswurschtes und des Papagenos. Es
zeigt mir auch wie tief die Figur noch immer im Urgedächtnis der
Menschen
verhaftet ist! Emanuel Schikaneder
(* 1751 in Regensburg,
als jüngster von 12 Geschwistern; † in Wien am 21.
September 1812), der unter aktiver Mitwirkung
Mozarts (* 27. Jänner 1756 in Salzburg, als jüngster von 7
Kindern; † 5.
Dezember 1791 in Wien) das Libretto schrieb, spielte selbst 1791, bei der
Uraufführung im
„Schikanedertheater“ wie die Wiener das Freihaustheater (Theater an der
Wieden),
das er von 1789 bis 12.6.1801 (Abschiedsvorstellung; auch mit
der Zauberflöte)
leitete, bald nannten, den Papageno,
Mozart selbst dirigierte und
dessen
Schwester Constanze spielte
und sang 1791 am 30. September die Königin
der
Nacht. Allein im Kärntnertortheater,
das J.A. Stranitzky 1711 als der Hanswurst, Pritschenmeister wie man
ihn, den Prinzipal, heute Theaterdirektor, nannte und als Begründer des
deutschen Volkstheaters groß machte, und in dem Schikaneder auch (ab
1785) spielte,
wurde die Zauberflöte von
1801 bis 1812 knapp 140 mal
aufgeführt.
Schikaneder
schrieb 1780 auch ein Lustspiel „Das Regensburger Schiff“, in Anlehnung
an
Sebastian Brandt´s „Narrenschiff“ (???), in dem er sich in der Figur
des
Offiziersdiener Budel eine, wie damals üblich, „derbe Hanswurstrolle“
auf den
Leib schrieb.
Aber auch Don Giovanni (Libretto von Da Ponte) nannte seinen Diener Leporello am Ende der 12. Szene des 3. Aktes "Oh, veccio buffonissimo! = was zumeist mit "Oh, alter Hanswurst!" übersetzt wird, einen "Hanswurst" als dieser vor der Inschrift unter der Statue des Kompturs, des späteren steinernen Gastes, erschauderte.
Indem er das Feuer lebt, bleibt der Salzburger Hanswurscht auch heute in den Herzen der Menschen lebendig. Er versteht sich als lebendige Brücke aus der Tradition in das Heute, als Symbol für selbstverständlich gelebtes Brauchtum sowie , selbst ländlich geprägt und in der Stadt zu Ruhm gekommen, als Verbindung von Stadt und Land. Auch ist er eine Brücke von der Volkskultur zur Hochkultur was auch heute immer noch zur Festspieleröffnung im Blumengruß beim Salzburger Fackeltanz Ausdruck findet.
Er
ist als „der Hanswurst“ heute noch ein Begleiter
vieler Bräuche, vom Perchtenbrauchtum
(Tresterer), Schützenwesen (Zieler, heute noch im
Salzkammergut und in Laufen lebendig
gebliebene Tradition; Pritschenmeister, der für Ordnung und Disziplin
sorgt) bis hin zum Zunfttanz (Schwert- und Bindertanz)
um nur
einige markante Beispiele zu nennen, und somit keinem Brauch, wie auch
keinem
Verein allein zuordenbar.
Den Salzburger Hanswurscht trifft man außer um den 24.
September am
Rupertikirtag im
Herzen Salzburgs, am 1. Mai beim Maibaumaufstellen im Petersbrunnhof
(Stadt
Salzburg), Ende Juli beim Fackeltanz (Blumengruß mit den
Kindern) wie auch vor allem bei den Auftritten der
„historischen
Bindertanzgruppe Salzburg“.
Selten
unterliegt er heute dabei einem festgelegten "Programm", wenngleich ihm
stets
eine mittragende, mitgestaltende
Rolle zukommt. Alleine seine Anwesenheit erfreut
zumeist, denn er lebt ganz selbstverständlich den Traum wohl
eines
jeden von uns :„unverwechselbar
einzigartig, gar auffällig zu sein und
dennoch ganz selbstverständlich
überall dazu zu gehören,
ja herzlich willkommen zu sein“ - deshalb eben nicht ausgegrenzt zu
sein. Zudem darf er ungestraft auch vorlauter, ehrlicher sein als
der "Normalbürger"- denn man kann ja immer sagen "laßt ihn nur reden
den Hanswurschtn".
Seine
Pritsche ist, wie
sein typischer grüner Spitzhut
(Narrenkappe -krone) auch,
eines der Attribute an denen man ihn unzweifelhaft erkennt!
Die
Pritsche steht von der Symbolik her in der selben Reihe mit der (Lebens-)Rute
(Winter- Perchtenbrauchtum),
die ja auch mit dem Maibaum (daher auch Hanswurstens
besonderer,
symbiotischer Sinnbezug auch zum
Maibaumaufstellen !!!) in derselben Linie
steht, und so ist
es auch ganz klar,
daß ein Klaps mit ihr, vorzugsweise auf das Hinterteil (Sinn
von alters her: am nächsten zum "Ort der Fruchtbarkeit" gelegen)
der Mädchen und jungen Frauen,
Glück, Segen und vor allem
Fruchtbarkeit (kann auch im Geiste - Ideenreichtum, Schlauheit -
sein)
schenken soll! Also wird die Pritsche wie die Rute eingesetzt,
allerdings in der ursprünglichen Bedeutung und niemals auch nur
ansatzweise als
Züchtigungsinstrument!!! Ein Klaps mit der
Pritsche ist kein sexistisch
derber Übergriff,
sondern vielmehr mit ungemein wohlwollenden Gedanken verknüpft!! Zum Züchtigungsinstrument
wurde die Rute erst
vom Christentum (der bestrafende Krampus als Gegenpol
zum belohnenden hl. Nikolaus) (leider!!) verdreht und umgedeutet, als
aus den Perchten der Krampus wuchs.
Der
Salzburger
Hanswurst ist auch
heute noch ein , zugegeben manchmal "frecher"; Freigeist
sowie ein Symbol
für:
Fruchtbarkeit, daher auch sehr gern auf Hochzeiten
gesehen, auch als der, der die Braut stiehlt,
unbändige
Lebensfreude, herzlicher
Lebensliebe und
damit Sinnbild für die kultivierte Lebensliebe
und Frohnatur der Salzburger!
Wer
waren die Menschen
hinter der Figur seit 1977 und
wer ist
der Mensch dahinter heute ?
Gut, und wo
trifft man ihn , wird
sich
manch einer fragen?
Ganz einfach :
hier!
Bildnachweis: Manfred SIEBINGER (e-Post) , Reportagen & Fotos
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